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Das bedeutet, dass jenseits des RDC die diagnostische Komplexität bei Fällen, in denen eine Störung des Kauapparats vorliegt (Klicken und Knacken des Kiefergelenks, Bruxismus, Zähneknirschen, Zahnfehlstellung usw.) zusammen mit schmerzhaften orofazialen Symptomen, das Problem nicht mehr mit einer klassischen Statistik wie der von Bayes dargestellt werden kann, die im Wesentlichen die positiven Vorhersagewerte des RDC generiert. | |||
So | So sehr, dass es notwendig war, ein 'Konsortiumsnetzwerk' zu organisieren, das in verschiedenen Studientreffen<ref>'''International RDC/TMD Consortium (2000–2002)''' | ||
Mark Drangsholt, Samuel Dworkin, James Fricton, Jean-Paul Goulet, Kimberly Huggins, Mike John, Iven Klineberg, Linda LeResche, Thomas List, Richard Ohrbach, Octavia Plesh, Eric Schiffman, Christian Stohler, Keson Beng-Choon Tan, Edmond Truelove, Adrian Yap, Efraim Winocur | Mark Drangsholt, Samuel Dworkin, James Fricton, Jean-Paul Goulet, Kimberly Huggins, Mike John, Iven Klineberg, Linda LeResche, Thomas List, Richard Ohrbach, Octavia Plesh, Eric Schiffman, Christian Stohler, Keson Beng-Choon Tan, Edmond Truelove, Adrian Yap, Efraim Winocur | ||
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Per Alstergren, Jean-Paul Goulet, Frank Lobbezoo, Ambra Michelotti, Richard Ohrbach, Chris Peck, Eric Schiffman | Per Alstergren, Jean-Paul Goulet, Frank Lobbezoo, Ambra Michelotti, Richard Ohrbach, Chris Peck, Eric Schiffman | ||
International RDC/TMD Consortium Network and IADR</ref> | International RDC/TMD Consortium Network and IADR</ref> repliziert wurde, welche im Wesentlichen zu folgendem Schluss von R. Ohrbach und S.F. Dworkin gelangen.<ref name=":2">R. Ohrbach and S.F. Dworkin. The Evolution of TMD Diagnosis. Past, Present, Future Monitoring Editor: Ronald Dubner. J Dent Res. 2016 Sep; 95(10): 1093–1101. Published online 2016 Jun 16. doi: 10.1177/0022034516653922 PMCID: PMC5004241, PMID: 27313164 | ||
</ref> | </ref><blockquote>Ein letzter Punkt ist, dass unser Verständnis spezifischer Kiefergelenkserkrankungen hinter dem von Schmerzstörungen zurückbleibt. Die kollektive Implikation dieser Themen besteht darin, dass die weitere Forschung und Entwicklung von einem programmatischen Ansatz profitieren wird, der die hier beschriebenen vielfältigen Richtungen sowie unzählige andere Richtungen umfasst, die außerhalb des aktuellen Konsortiumsrahmens existieren.</blockquote> | ||
Das Ziel von Masticationpedia ist und bleibt im Laufe der Zeit genau die von Ohrbach und S.F. geäußerte Bitte. Dworkin,<ref name=":2" /> nämlich: | |||
{{q2|........weitere Forschung und Entwicklung werden von einem programmatischen Ansatz profitieren, der die hier beschriebenen vielfältigen Richtungen sowie unzählige andere, die außerhalb des aktuellen Konsortiumsrahmens existieren, einbezieht|Schauen wir uns einige relevante Passagen an}} | |||
==== Prävalenz von CMDs ==== | |||
Die Prävalenz der Symptome einer Kiefergelenksstörung (TMD) variiert erheblich zwischen den Bevölkerungsgruppen. | |||
Eine kürzlich durchgeführte systematische Überprüfung ergab, dass in der Allgemeinbevölkerung die Prävalenz von mindestens einem klinischen Anzeichen einer CMD zwischen 5 und 60 % schwankt.<ref>Ryan J, Akhter R, Hassan N, Hilton G, Wickham J, Ibaragi S. Epidemiology of temporomandibular disorder in the general population : a systematic review. Adv Dent Oral Health. 2019;10:1–13. doi: 10.19080/ADOH.2019.10.555787.</ref> Schmerzen im Kiefergelenksbereich sind jedoch ein häufiges klinisches Symptom und treten bei etwa 10 % der erwachsenen Bevölkerung auf.<ref>Al-Jundi MA, John MT, Setz JM, Szentpétery A, Kuss O. Meta-analysis of treatment need for temporomandibular disorders in adult nonpatients. J Orofac Pain. 2008;22:97–107.</ref> Primäre Kopfschmerzen (Migräne und Spannungskopfschmerz [TTH]) betreffen jedoch weltweit mehr als 2,5 Milliarden Menschen. In einer kürzlich durchgeführten weltweiten Studie wurden Kopfschmerzen nach Rückenschmerzen als zweithäufigste Ursache für arbeitsunfähige Jahre eingestuft.<ref>GBD Diseases and injuries collaborators (2020) global burden of 369 diseases and injuries in 204 countries and territories, 1990–2019: a systematic analysis for the global burden of disease study 2019. Lancet. 2019;396:1204–1222</ref> Weltweit wurde die Zahl der Menschen, die im Jahr 2017 an Migräne und TTH litten, auf 1,3 bzw. 2,3 Milliarden geschätzt, mit einer Prävalenz von 15 % bzw. 16 %.<ref>James SL, Abate D, Abate KH, Abay SM, Abbafati C, et al. Global, regional, and national incidence, prevalence, and years lived with disability for 354 diseases and injuries for 195 countries and territories, 1990–2017: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. Lancet. 2018;392(10159):1789–1858. doi: 10.1016/S0140-6736(18)32279-7.</ref> | |||
Diese Daten deuten bereits auf eine gewisse Unsicherheit in den Zahlen hin, eine Unsicherheit, die, wie wir später sehen werden, in Bayes'schen Vorhersagbarkeitsmodellen eine dramatische Bedingung darstellt. | |||
Darüber hinaus basierten die meisten früheren Studien zum Zusammenhang zwischen TMD-bedingten Schmerzen und Kopfschmerzen auf „Frequencyist“-Statistiken, Modellen, die im Vergleich zum Bayes’schen Ansatz einige Einschränkungen aufweisen, insbesondere die Abhängigkeit von großen Stichproben, sodass die Effektgrößen ermittelt werden sind genau festgelegt.<ref name=":0">Buchinsky FJ, Chadha NK. To P or not to P: backing Bayesian statistics. Otolaryngol Head Neck Surg. 2017;157(6):915–918. doi: 10.1177/0194599817739260.</ref><blockquote>Laut Javed Ashraf et al. <ref name=":1">Javed Ashraf, Matti Närhi, Anna Liisa Suominen, Tuomas Saxlin. Association of temporomandibular disorder-related pain with severe headaches-a Bayesian view. Clin Oral Investing. 2022 Jan;26(1):729-738. doi: 10.1007/s00784-021-04051-y. Epub 2021 Jul 5.</ref> im Gegensatz zur „Frequencyist“-Methodik liefert die Bayes’sche Statistik keinen (festen) Ergebniswert, sondern ein Intervall, das den Regressionskoeffizienten enthält. <ref>Depaoli S, van de Schoot R. Bayesian analyses: where to start and what to report. Eur Heal Psychol. 2014;16:75–84.</ref>Diese als Konfidenzintervalle (CI) bezeichneten Intervalle weisen der besten Schätzung und allen möglichen Werten der Parameterschätzungen eine Wahrscheinlichkeit zu.<ref name=":0" /></blockquote>In der Studie von Javed Ashraf et al.<ref name=":1" /> die Autoren versuchten mithilfe der Bayes'schen Methodik, die Existenz eines Zusammenhangs zwischen TMD-bedingten Schmerzen und schweren Kopfschmerzen (Migräne und TTH) über einen Nachbeobachtungszeitraum von 11 Jahren zu überprüfen. An der in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführten „Gesundheit 2000“-Umfrage nahmen 9.922 eingeladene Teilnehmer im Alter von 18 Jahren und älter teil, die auf dem finnischen Festland lebten.<ref>Aromaa A, Koskinen S (2004) Health and functional capacity in Finland. Baseline results of the Health 2000 Health Examination Survey. Publications of the National Public Health Institute B12/2004. Helsinki</ref> Der in der vorliegenden Studie festgestellte prospektive Zusammenhang zwischen mTMD zu Studienbeginn und dem Vorhandensein von TTH bei der Nachuntersuchung steht im Einklang mit früheren epidemiologischen, klinischen und physiologischen Erkenntnissen. Frühere epidemiologische Studien haben einen Zusammenhang zwischen TMD-bedingten Schmerzen und TTH gezeigt.<ref>Ciancaglini R, Radaelli G. The relationship between headache and symptoms of temporomandibular disorder in the general population. J Dent. 2001;29:93–98. doi: 10.1016/S0300-5712(00)00042-7</ref> Klinisch weisen TMD-bedingte Schmerzen und TTH eine Kombination unterschiedlicher Anzeichen und Symptome im Kopf- und Gesichtsbereich auf, die insbesondere bei mTMD und TTH deutlich werden. Zu diesen gemeinsamen klinischen Merkmalen gehört die Palpationsempfindlichkeit der Kaumuskulatur bei mTMD und der perikranialen Muskulatur bei TTH während der aktiven Phasen beider Erkrankungen.<ref>Bendtsen L, Ashina S, Moore A, Steiner TJ. Muscles and their role in episodic tension-type headache: implications for treatment. Eur J Pain. 2016;20:166–175. doi: 10.1002/ejp.748.</ref> Zu weiteren klinischen Überschneidungen zwischen mTMD und TTH gehören das Alter der Probanden hinsichtlich der Spitzenprävalenz,<ref>Costa Y-M, Porporatti A-L, Calderon P-S, Conti P-C-R, Bonjardim L-R. Can palpation-induced muscle pain pattern contribute to the differential diagnosis among temporomandibular disorders, primary headaches phenotypes and possible bruxism? Med oral, Patol oral y cirugía bucal. 2016;21:e59–65. doi: 10.4317/medoral.20826.</ref> die Schmerzintensität, die Pharmakotherapie<ref>Neblett R, Cohen H, Choi Y, Hartzell MM, Williams M, Mayer TG, Gatchel RJ. The central sensitization inventory (CSI): establishing clinically significant values for identifying central sensitivity syndromes in an outpatient chronic pain sample. J Pain. 2013;14:438–445. doi: 10.1016/j.jpain.2012.11.012.</ref> und sogar die nicht-pharmakologische Behandlung.<ref>Fernández-De-Las-Peñas C, Cuadrado ML. Physical therapy for headaches. Cephalalgia. 2016;36:1134–1142. doi: 10.1177/0333102415596445.</ref> Trotz einiger klinischer Ähnlichkeiten und Überschneidungen handelt es sich sowohl bei mTMD als auch bei TTH um unterschiedliche Krankheitsentitäten, und Javed Ashraf <ref name=":1" /> kommt elegant zu dem Schluss: | |||
{{q2|Obwohl die Kombination von Ähnlichkeiten möglicherweise eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Fachgebieten (Zahnmedizin vs. Neurologie) erfordert, sollte bei der Behandlung auch auf die Unterscheidung zwischen diesen beiden pathologischen Entitäten geachtet werden.|„Interdisziplinarität“ bedeutet „Kontext“}} | |||
==== Contexts ==== | |||
In den vorherigen Kapiteln von Masticationpedia haben wir bei der Beschreibung der diagnostischen Komplexität einen entscheidenden Faktor berücksichtigt: die Kontexte. Wir haben gesehen, wie sich eine symptomatische oder asymptomatische kranke Person vor dem Arzt präsentiert, der, indem er ihre Geschichte hört, versucht, den Verlauf des "Zustands" des Organismus zu rekonstruieren, um eine bestimmte Diagnose zu stellen. Gleichzeitig haben wir jedoch auch die enorme Kluft im klinisch-wissenschaftlichen Wissen zwischen einem Kontext, dem zahnmedizinischen, und einem neurologischen betrachtet. Diese Kontexte gelangen unter Verwendung einer formalen Logik zur Überzeugung von ihrer diagnostischen Vernunft. Die Annahme ist, dass die Aussagen, die dazu beitragen, diese Gewissheit aufzubauen, zwischen den Kontexten sehr unterschiedlich sind. Aus diesem Grund haben wir im Kapitel '[[Fuzzy-Sprachlogik|Fuzzy-Sprachlogik']] eine Menge <math>\tilde{A}</math> und eine Zugehörigkeitsfunktion <math>\mu_{\displaystyle {\tilde {A}}}(x)</math> betrachtet. | |||
Wir wählen - als Formalismus - aus, ein Fuzzy-Set mit der 'Tilde' <math>\tilde{A}</math> zu repräsentieren. Ein Fuzzy-Set ist eine Menge, in der die Elemente einen 'Grad' der Zugehörigkeit haben (im Einklang mit der Fuzzy-Logik), einige können zu 100% in die Menge aufgenommen werden, andere zu niedrigeren Prozentsätzen. Dieser Grad der Zugehörigkeit wird mathematisch durch die Funktion namens 'Zugehörigkeitsfunktion' <math>\mu_{\displaystyle {\tilde {A}}}(x)</math> dargestellt. | |||
Lassen Sie uns annehmen, dass <math>\mu_{\displaystyle {\tilde {A}}}(x)</math> einen Kontext repräsentiert und dass es eine kontinuierliche Funktion ist, die im Bereich <math>[0;1]</math>definiert ist, wobei: | |||
* <math>\mu_ {\tilde {A}}(x) = 1\rightarrow </math> wenn es vollständig in <math>A</math> enthalten ist (diese Punkte werden "Nukleus" genannt und zeigen die plausiblen Werte des Prädikats an). | |||
* <math>\mu_ {\tilde {A}}(x) = 0\rightarrow </math> wenn 𝑥 nicht in <math>A</math> enthalten ist. | |||
* <math>0<\mu_ {\tilde {A}}(x) < 1 \;\rightarrow </math>wenn 𝑥 teilweise in <math>A</math> enthalten ist (diese Punkte werden "Trägermenge" genannt und zeigen die möglichen Werte des Prädikats an). | |||
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