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== | == Einführung == | ||
Die Nervensysteme von Wirbeltieren werden aufgrund ihres Aussehens und der entsprechenden funktionellen Rollen oft in graue und weiße Substanz unterteilt. Während die graue Substanz größtenteils aus Zellkörpern und Dendriten besteht, enthält die weiße Substanz hauptsächlich Axone und hat ihren Namen von den Lipidmembranschichten namens Myelin, die eng um diese Axone gewickelt sind.<ref>Virchow R. Uber das ausgebreitete Vorkommen einer dem Nervenmark analogen Substanz in den tierischen Geweben. Virchows Arch. Pathol. Anat. 1854;6:562–572. doi: 10.1007/BF02116709. [CrossRef] [Google Scholar]</ref> Myelin stammt aus verschiedenen Klassen von Gliazellen, die als Oligodendrozyten im Zentralnervensystem (ZNS) und Schwann-Zellen im peripheren Nervensystem (PNS) bezeichnet werden. | |||
Die durch die Myelinschichten bereitgestellte elektrische Isolierung verbessert die axonale Funktion, indem sie sowohl die Energieeffizienz als auch die Leitungsgeschwindigkeit von Aktionspotentialen (APs) erhöht. Diese beiden Funktionen haben möglicherweise ihre relative Bedeutung während der Evolution geändert.<ref>Stiefel K.M., Torben-Nielsen B., Coggan J.S. Proposed evolutionary changes in the role of myelin. Front. Neurosci. 2013;8 doi: 10.3389/fnins.2013.00202.[PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]</ref> Myelin tauchte erstmals im Ordovizium (485 bis 443 ma oder Millionen Jahre vor der Gegenwart) auf, nachdem sich die Vorfahren der Neunaugen und Schleimaale von den übrigen Wirbeltierlinien abgespalten hatten.<ref>Bullock T.H., Moore J.K., Fields R.D. Evolution of myelin sheaths: Both lamprey and hagfish lack myelin. Neurosci. Lett. 1984;48:145–148. doi: 10.1016/0304-3940(84)90010-7. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]</ref>Mit einigen interessanten Ausnahmen,<ref>Davis A.D., Weatherby T.M., Hartline D.K., Lenz P.H. Myelin-like sheaths in copepod axons. Nature. 1999;398:571–571. doi: 10.1038/19212. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]</ref><ref>Hartline D.K., Colman D.R. Rapid conduction and the evolution of giant axons and myelinated fibers. Curr. Biol. 2007;17:R29–R35. doi: 10.1016/j.cub.2006.11.042. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]</ref> Myelin oder analoge Strukturen kommen in allen Wirbeltieren vor und sind entscheidend für das reibungslose Funktionieren ihres Nervensystems. Der ungefähre Zeitpunkt der Entwicklung von Myelin kann aus der bekannten Zeit der Divergenz zwischen Akkordaten ohne (Agnatha) und mit (alle anderen Wirbeltiere) Myelin abgeleitet werden. | |||
Die Myelinumhüllung wird durch regelmäßig beabstandete, nicht myelinisierte Abschnitte unterbrochen, die als Ranvier-Knoten bekannt sind. Myelin beschleunigt die Leitung, indem es den transmembranen Ladungsfluss durch Ionenkanäle innerhalb der Knoten einschränkt. Innerhalb der sogenannten Internodien fließt Strom das Axon hinunter, wobei nur wenig davon durch die isolierte Zellmembran fließt. Das AP wird an jedem Knoten regeneriert, an dem die Dichte der spannungsgesteuerten Natrium- und Kaliumkanäle sehr hoch ist. Dieser Vorgang wird als „saltatorische Leitung“ bezeichnet, da der AP scheinbar von Knoten zu Knoten springt. Störungen in diesem Schnellfeuer-Kommunikationssystem können mit einer Reihe von Funktionsstörungen des Nervensystems in Verbindung gebracht werden.<ref>Arancibia-Carcamo I.L., Attwell D. The node of ranvier in CNS pathology. Acta Neuropathol. 2014;128:161–175. doi: 10.1007/s00401-014-1305-z.[PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]</ref> | |||
Axone scheinen in mehrfacher Hinsicht an physikalischen Grenzen zu operieren. Ein interessantes Beispiel ist, dass die Größe von Axonen durch das thermische Rauschen beschränkt zu sein scheint, das Ionenkanalproteinen innewohnt; Jedes Axon, das dünner als 0,1 μm ist, wäre aufgrund seines hohen Rauschpegels für die Informationsübertragung unbrauchbar.<ref>Faisal A.A., White J.A., Laughlin S.B. Ion-channel noise places limits on the miniaturization of the brain’s wiring. Curr. Biol. 2005;15:1143–1149. doi: 10.1016/j.cub.2005.05.056. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]</ref> Interessanterweise ist 0,1 μm auch ungefähr der kleinste Axondurchmesser, der in Nervensystemen beobachtet wird [7]. Diese und ähnliche Ergebnisse deuten darauf hin, dass Axone und ihre Unterstrukturen fein abgestimmte biologische Geräte sind, dass die Abstimmung jedoch offensichtlich unter pathologischen Bedingungen gestört werden kann.<ref>Babbs C.F., Riyi S. Subtle paranodal injury slows impulse conduction in a mathematical model of myelinated axons. PLoS ONE. 2013;8:e67767. doi: 10.1371/journal.pone.0067767. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]</ref> | |||
Die Demyelinisierung setzt funktionelle Veränderungen in Gang, die für klinische Merkmale wichtig sind, aber nicht ohne weiteres durch immunologische oder radiologische Veränderungen erklärt werden können. Die Lage einer Plaque sagt voraus, welches System betroffen sein wird (motorisch vs. sensorisch, visuell vs. taktil), aber nicht, wie es betroffen sein wird. Dies unterstreicht die Bedeutung der Beurteilung der Funktion (zusätzlich zur Struktur) und wie sie sich nach der Demyelinisierung verändert. Nach der Einführung demyelinisierender Krankheiten werden wir erörtern, wie die klinischen Manifestationen dieser Krankheiten verschiedene pathologische Veränderungen der Axonfunktion widerspiegeln. Wir werden argumentieren, dass das Verständnis dieser Veränderungen und die vollständige Nutzung dieses Verständnisses für diagnostische und therapeutische Zwecke enorm von der Computermodellierung profitieren können. | |||
== Demyelinating Diseases == | == Demyelinating Diseases == |